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Lübeck um 1400

aus 978-3-14-100263-8 auf Seite 28 Abb. 1
Diercke Karte Lübeck um 1400

 
Lübeck um 1400

Als bedeutende Kaufmannsstadt und Sitz der Hanse war Lübeck im ausgehenden Mittelalter eine der größten Städte im Heiligen Römischen Reich und gehörte zu den wichtigsten Handelszentren Nordeuropas.

Slawische und deutsche Siedlung
Bereits seit dem 9. Jahrhundert gab es eine slawische Burgsiedlung namens Liubice. Sie befand sich allerdings einige Kilometer weiter nördlich am Zusammenfluss von Trave und Schwartau. Nachdem diese Anlage 1138 zerstört wurde, entstand wenige Jahre später (1143) auf der Halbinsel zwischen der Trave und deren Nebenfluss Wakenitz eine deutsche Siedlung durch den Schauenburger Grafen Adolf II. Nach erzwungener Abtretung erfolgte 1159 eine zweite Neugründung auf der Halbinsel durch Heinrich den Löwen. Trotz der neuen Lage wurde der Name der slawischen Siedlung auf die deutsche Stadtgründung übertragen: Lübeck.

Ausgangspunkt des Fernhandels und „Königin der Hanse“
Der Stadt wurde 1160 ein modernes Stadtrecht verliehen, das später als Lübisches Recht Vorbild für den gesamten Ostseeraum wurde. Außerdem erhielt Lübeck eine Ratsverfassung, die stark an den Interessen von Fernhandelskaufleuten orientiert war. Die Lübecker Kaufleute wurden den Kaufleuten aus Gotland, die bislang den Ostseehandel beherrschten, gleichgestellt. Durch das 1226 verliehene Reichsfreiheitsprivileg war Lübeck als Freie Reichsstadt direkt dem Reichsoberhaupt unterstellt – ein Status, den die Stadt erst 1937 verlor.
In der Folgezeit erlebte Lübeck einen rasanten Aufstieg, der durch die geographische Lage der Stadt noch begünstigt wurde: Als Tor zur Ostsee nahm Lübeck einerseits eine Schlüsselrolle im Handel mit den Ostseeländern ein. Zugleich war es durch ein verzweigtes Handelsstraßennetz gut mit den bedeutenden Städten des Hinterlandes verbunden, beispielsweise dem nahen Hamburg, aber auch den damals größten Metropolen im Reich, Köln und Magdeburg. Eine bedeutende Rolle spielte Lüneburg, aus dem über die Alte Salzstraße Salz bezogen wurde; dieses war für die Konservierung von Fisch von großer Bedeutung und wurde von Lübeck aus nach ganz Nordeuropa exportiert. Die Lübecker Kaufleute hatten intensive Handelsbeziehungen mit den großen skandinavischen und baltischen Handelskontoren zwischen Bergen in Norwegen und Nowgorod in Russland. Auch nach Westeuropa (v. a. London und Brügge) bestanden Kontakte, allerdings wurde diese Region eher von den Hamburger Kaufleuten bedient.
Die Hanse, die sich im 12. Jahrhundert als „Kaufmannshanse“, also dem Zusammenschluss von Kaufleuten gleicher Herkunft mit ähnlichen Handelsinteressen, gebildet hatte, wandelte sich im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts allmählich zu einer „Städtehanse“, einem Zusammenschluss von Städten zur Interessensvertretung der Kaufleute. Nach der Eroberung des bisherigen Handelszentrums Wisby auf Gotland 1361 galt von nun an Lübeck als Hauptort dieses Städtebundes, als „Königin der Hanse“.

Die mittelalterliche Stadt
Der Stadtgrundriss Lübecks ist typisch für hochmittelalterliche Stadtgründungen, mit einem regelmäßigen Straßennetz (Durchgangsstraße und Parallelstraßen) und einem großen, seitlich liegenden Markt. Die Flüsse Trave und Wakenitz, die die Stadt umflossen, boten einerseits Schutz (der durch eine Stadtmauer mit Stadttoren wie dem Holstentor verstärkt wurde) und waren andererseits wichtig für Handel, Verkehr, Wasserversorgung und Energiegewinnung: Die Trave stellte die Verbindung zur Ostsee und damit zum Fernhandel her, hierfür diente der große Hansehafen. Von Bedeutung war aber auch die Binnenschifffahrt in die andere Richtung (ausgehend vom Binnenhafen), insbesondere für den Lüneburger Salzhandel über den von der Trave abzweigenden Stecknitzkanal. Auf der anderen Seite der Stadt wurde die Wakenitz aufgestaut, um Wassermühlen und die Brauerwasserkunst betreiben zu können. Die Brauerwasserkunst war ein Wasserversorgungssystem, das den hohen Wasserverbrauch der Bierbrauer bewältigen sollte.
Auch die Kirche hatte für die mittelalterliche Stadt eine große Bedeutung. Die zentral gelegene Marienkirche gilt als Mutterkirche der norddeutschen Backsteingotik und symbolisiert zusammen mit dem benachbarten Rathaus die Macht und den Reichtum der Hansestadt. Der Dom im Süden der Halbinsel war Sitz des Bistums Lübeck, das bis zur Reformation bestand. Und das Dominikanerkloster am Nordende wurde aus Dank für den Sieg über die Dänen bei Bornhöved (1227) gebaut, an der Stelle der ehemaligen herzoglichen Burg. Dass sich der Wohlstand der Kaufleute nicht nur in prunkvollen Bauwerken, sondern auch in karitativen Einrichtungen widerspiegelt, beweist das Heiligen-Geist-Hospital.
B. Schreier



Stichworte: Fernhandel Geschichte Hanse Lübeck Mittelalter mittelalterliche Stadt Schleswig-Holstein Stadtentwicklung Stadtgründung


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