Urbanisierung
„Urbanisierung“ bezeichnet die Ausbreitung städtischer Lebensformen in ländlichen Gebieten. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Urbanisierung besonders in den Schwellen- und Entwicklungsländern ausgebreitet. In den Industrieländern dagegen kommt es zur Suburbanisierung: der Ausbreitung der Städte in benachbarte, bisher ländliche Räume hinein. Grundsätzlich wächst die städtische Bevölkerung in den europäischen Industrieländern deutlich langsamer als in den Entwicklungsländern. Die Megastädte der Entwicklungsländer müssen nicht nur mit einer starken Zuwanderung zurechtkommen, sondern auch mit einem hohen natürlichen Bevölkerungswachstum.

Urbanisierungsgrad in China, Indien und Saudi-Arabien
In China und Indien lebt der Großteil der Bevölkerung bis heute auf dem Land. Der „Urbanisierungsgrad“ in beiden Ländern ist also vergleichsweise gering. In China hat dies seine Ursache vor allem darin, dass der Zuzug in die Städte die meiste Zeit gar nicht gestattet wurde. In den 1960er-Jahren gab es große Umsiedlungsaktionen aus den Städten auf das Land. Die überfüllten Städte sollten entlastet werden. Zusätzlich bestand der ideologische Anspruch, Klassenunterschiede zwischen Stadt- und Landbewohnern aufzuheben. Erst das starke Wirtschaftswachstum in China lässt den Urbanisierungsgrad seit den 1990er-Jahren wieder steigen.
In Indien ist eine ähnliche, aber zeitlich versetzte Entwicklung zu beobachten. Im Gegensatz zu China wird bis etwa 2025 die Landbevölkerung weiter wachsen. Die Metropolen sind bereits kaum noch fähig, ausreichend Arbeitsplätze für die Zuwanderer zur Verfügung zu stellen. Das Ergebnis sind hohe Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung. Fast ein Drittel der Einwohner der Millionenstädte lebt in Elendsvierteln. Dharavi in Bombay ist mit mehr als einer Million Menschen der größte Slum Asiens.
Die Bevölkerungsverteilung Saudi-Arabiens dagegen ist abhängig von den landschaftlichen Verhältnissen. Die Menschen leben hauptsächlich in den Städten und einigen wenigen Oasen. Die Landbevölkerung kann sich kaum vermehren, weil die Tragfähigkeit der ländlichen Gebiete bereits erreicht ist. Dagegen wird die Stadtbevölkerung in den nächsten vierzig Jahren stark anwachsen. Dies ist auch bedingt durch die vielen ausländischen Arbeitskräfte, die zumeist aus dem asiatischen und afrikanischen Raum kommen.
J. Potschka