Militärische Bündnisse
Im Jahr 1949 wurden zwei deutsche Staaten gegründet: In der amerikanischen, der britischen sowie der französischen Besatzungszone die Bundesrepublik Deutschland (BRD, 23. Mai) und in der sowjetischen Besatzungszone die Deutsche Demokratische Republik (DDR, 7. Oktober). Beide deutschen Staaten hatten je eine eigene Regierung, eine eigene Währung und eine eigene Wirtschaft. Darüber hinaus gehörten sie auch unterschiedlichen Bündnissystemen an: Die BRD wurde 1955 in die NATO (North Atlantic Treaty Organization) aufgenommen, welcher die meisten westeuropäischen Staaten angehörten. Die DDR trat im selben Jahr dem Warschauer Pakt bei, der von der Sowjetunion geführt wurde und in dem die meisten osteuropäischen Staaten versammelt waren. Während die NATO also größtenteils aus demokratisch und marktwirtschaftlich organisierten Ländern bestand, gehörtem dem Warschauer Pakt kommunistische Staaten an, die von Diktaturen regiert wurden.
Weil sich beide Staaten-Bündnisse distanziert gegenüberstanden, wird die schwer zu überwindende Grenze zwischen diesen Machtblöcken auch als „Eiserner Vorhang“ bezeichnet. Er verlief quer durch das heutige Deutschland und teilte ganz Europa in zwei voneinander abgetrennte Bereiche, in denen das Leben ganz unterschiedlich organisiert war. Zwischen den Staaten beider Seiten herrschte über viele Jahre ein „Kalter Krieg“. Das bedeutet, dass das gegenseitige Verhältnis zwar kritisch war und eine Eskalation stets befürchtet wurde, es jedoch nie zu einem wirklichen Kriegsausbruch kam. Die Menschen fürchteten aber eine Verschlechterung der gegenseitigen Beziehungen, da Europa so zum Hauptschauplatz einer kriegerischen Auseinandersetzung geworden wäre.
Europa – Auflösung des Ostblocks
Spätestens in den 1980er Jahren wurde immer deutlicher, dass die Wirtschaft der sog. „Ostblock-Staaten“ nicht stark genug war. Sie konnten dem Wettbewerb mit den westlichen Staaten nicht mehr standhalten und blieben immer mehr hinter ihnen zurück. Auch wurden die Menschen immer unzufriedener mit ihren Regierungen, da sie z.B. nicht ins Ausland reisen oder ihre Meinung frei äußern durften. Sie forderten mehr demokratische Rechte, was von den Diktaturen aber zurückgewiesen wurde.
Doch im Jahr 1985 wurde Michail Gorbatschow zum Staatsoberhaupt der UdSSR bestimmt. Er hatte die großen Probleme in seinem Land erkannt und suchte nach Lösungsansätzen, um v.a. gegen die wachsenden wirtschaftlichen Probleme vorzugehen. Also setzte er tief greifende Reformen in Gang, deren Folgen noch niemand abschätzen konnte. So sollten z.B. die Staaten des Ostblocks mehr Entscheidungskompetenzen hinsichtlich ihrer eigenen Entwicklung erhalten. Gorbatschow wollte die Sowjetunion damit von den enormen Kosten entbinden, die mit ihrem bisherigen Führungsanspruch im Warschauer Pakt verbunden waren. Er wollte aber auch die Bevölkerung stärker in Entscheidungsprozesse einbinden, so dass die Menschen im Ostblock mit seiner Person große Hoffnungen auf eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen verbanden.
Gewaltfreier Widerstand
Die Menschen in den einzelnen Staaten des Warschauer Paktes begannen, sich zusammenzuschließen, um gemeinsam ihre Ziele zu verfolgen. Schon 1980 war im polnischen Danzig aus einem Werftarbeiterstreik heraus die gewerkschaftliche Organisation „Solidarność“ gebildet worden. Sie konnte, obwohl sie erst 1989 staatlich (wieder) anerkannt wurde, weite Teile der polnischen Bevölkerung begeistern und war entscheidend am Ende der kommunistischen Diktatur in Polen beteiligt. Auch in vielen anderen Städten Osteuropas kam es zu Demonstrationen ganz unterschiedlichen Ausmaßes, die aber nicht immer friedlich abliefen. So beendete die rumänische Regierung 1989 zwei Großdemonstrationen blutig, was zu einer Verstärkung der allgemeinen Unzufriedenheit und letztendlich zum Sturz des kommunistischen Systems führte. Anderswo konnten die Konflikte zwischen Bevölkerung und Regierung glücklicherweise ohne derartige Eskalationen gelöst werden. So wurden in Polen, in Ungarn, in Bulgarien und in der DDR auf Druck von Bürgerrechtsorganisationen und der Bevölkerung in den Jahren 1989 und 1990 sog. „Runde Tische“ einberufen. Dies sind Diskussionsrunden zwischen den Konfliktparteien, die es zum Ziel haben, friedlich eine Lösung der bestehenden Probleme zu erreichen.
In der DDR wurden v.a. die sog. „Montagsdemonstrationen“ in Leipzig und anderen Städten berühmt, der sich bis zu einer halben Millionen Menschen anschlossen, obwohl dies offiziell verboten war. Hier artikulierten die Menschen ihre Unzufriedenheit und ihren Wunsch nach demokratischen Veränderungen. Damit trugen sie ganz wesentlich zu einer „Friedlichen Revolution“ in der DDR bei – und damit zum Ende der Diktatur. Auch flüchteten im Jahr 1989 viele Bürger aus der DDR, weil sie unzufrieden waren. Eigentlich war es verboten, das Land ohne offizielle Erlaubnis zu verlassen, doch wollten die Menschen den anderswo schon durchlässig gewordenen Eisernen Vorhang überwinden, um in die BRD weiter zu reisen. So besetzten flüchtende DDR-Bürger die Botschaften der BRD in den Hauptstädten Ungarns, der Tschechoslowakei und Polens, um dort in Sicherheit darauf zu hoffen, irgendwann ausreisen zu dürfen. Am 30. September 1989 teilte der westdeutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher in der Prager Botschaft den dort 4.000 Wartenden unter großem Jubel mit, dass ihre Ausreise genehmigt worden ist. Sowohl die Großdemonstrationen in als auch die Massenflucht aus der DDR trugen entscheidend zum Ende der dortigen kommunistischen Diktatur bei. Schließlich wurde am 9. November 1989 in Berlin die Grenze zwischen West und Ost geöffnet.
Letztendlich löste sich in den Jahren 1989/90 der Ostblock auf und die ehemals kommunistischen Staaten begaben sich, mehr oder weniger erfolgreich, auf den Weg in eine demokratische und marktwirtschaftliche Zukunft. 1991 wurde der Warschauer Pakt offiziell beendet und im gleichen Jahr löste sich auch dessen ehemalige Führungsmacht, die Sowjetunion, auf. Auch hier hatte die aufbegehrende Bevölkerung einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung. Besonders im Baltikum, also in den heutigen Staaten Estland, Lettland und Litauen, kämpften die Menschen für ihre Freiheit. Dies zeigten sie besonders beeindruckend am 23. August 1989, als sich über eine Millionen Menschen zu einer 650 Kilometer langen Menschenkette zusammenschlossen, um ihr Zusammengehörigkeitsgefühl gegen die kommunistische Diktatur zu verdeutlichen. Mit dem Ende der UdSSR erklärten auf ihrem ehemaligen Gebiet 15 Staaten ihre Unabhängigkeit, die bis heute existieren.
F. Schlimmer
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