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Nordfriesische Küste vor 1362

aus 978-3-14-100263-8 auf Seite 14 Abb. 1
Diercke Karte Nordfriesische Küste vor 1362

 
Nordfriesische Küste vor 1362

Die nordfriesische Küste mit ihren Inseln, Halligen und dem Wattenmeer ist seit jeher gekennzeichnet von einem stetigen Wandel. Bis heute wird die Küstenlandschaft beeinflusst durch den Anstieg des Meeresspiegels, das Wechselspiel der Gezeiten und durch gewaltige Sturmfluten. Besonders folgenschwer waren die Flutkatastrophen im späten Mittelalter. Sie haben das Gebiet des heutigen Wattenmeeres grundlegend umgestaltet und den Küstenverlauf stark verändert.

Küstenlandschaft Mitte vor 1362
Die nordfriesische Küstenlinie verlief etwa in der Verlängerung von der Südspitze Sylts bis zum Ort St. Peter. In der Karte gut zu erkennen ist eine breite, mehr oder weniger zusammenhängende Marsch- und Moorlandschaft, die von schmalen Gezeitenrinnen durchzogen wird. Diese Landschaft, die dem Festland vorgelagert und durch eine langgezogene Dünenkette von der offenen Nordsee getrennt ist, wird als „Uthlande“ bezeichnet.

Erster Küstenschutz
Zum Schutz gegen den Meeresspiegelanstieg und starke Sturmfluten hatten die in den Uthlanden lebenden Friesen bereits im frühen Mittelalter begonnen, ihre Häuser auf künstlich aufgeschüttete Erdhügel (Warften) zu verlegen und Deiche zu bauen. Anfangs waren diese Schutzvorrichtungen nicht besonders hoch und nur gegen sommerliche Überflutungen ausgerichtet. Ab dem 13. Jahrhundert entstanden schließlich Deichanlagen, die ganzjährig Schutz bieten sollten. Damit wurde jedoch der Überflutungsraum stark eingeschränkt und andererseits der Wasserauflauf bei Sturmfluten erhöht. Gleichzeitig kam es zu einem allmählichen Absinken des Landes als Folge von weitflächigem Torfabbau (zur Gewinnung von Brennmaterial und Salz) und Entwässerung (u. a. zur Gewinnung von Ackerflächen). Weite Teile der Uthlande lagen schließlich unter dem Niveau des Meeresspiegels. Dadurch stieg die Gefahr von großflächigen Überflutungen bei Deichbrüchen deutlich an.

Marcellusflut von 1362
Im späten Mittelalter kam es zu schweren Sturmfluten, denen die Deiche nicht gewachsen waren. Allein im 13. und 14. Jahrhundert gab es an der Nordsee vermutlich rund 50 Sturmfluten, die zu mehr oder weniger großen Landverlusten führten.
Zu den folgenschwersten Sturmfluten zählt die „Zweite Marcellusflut“, auch „Grote Mandrenke“ („Große Mann-Tränkung“) genannt. Sie ereignete sich im Januar 1362. Die gesamte Küstenlandschaft der Uthlande wurde von der Sturmflut regelrecht zerrissen, die alte Küstenlinie nahezu vollständig zerstört. Das niedriggelegene Marschland war den Wassermassen, die teilweise bis zum Geestrand des Festlandes vordrangen, schutzlos ausgeliefert. Vorher flache Priele wurden zu tiefen Wattströmen. Mehrere Tausend Menschen ertranken und der größte Teil des Kulturlandes ging verloren. Das von Legenden umwobene Rungholt (der damalige Hauptort der Uthlande auf der Insel Strand) und sieben andere Kirchengemeinden versanken im Meer; Strand erhielt eine Hufeisenform (vgl. Karte 14.2). Sylt, Amrum und Föhr wurden zu Inseln und in ihrem Umfang stark verkleinert. Als Reste der alten Marschen entstanden die ersten nordfriesischen Halligen. Der Ort Husum wurde über Nacht zur Hafenstadt.
U. Kleinelümern, S. Lemke



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