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Neubrandenburg im 16. Jahrhundert

aus 978-3-14-100265-2 auf Seite 28 Abb. 1
Diercke Karte Neubrandenburg im 16. Jahrhundert

 
Neubrandenburg im 16. Jahrhundert

Stadtgründung
Markgraf Johann I. von Brandenburg gründete Neubrandenburg im Jahr 1248. Stadtgründungen in dieser Gegend und zu dieser Zeit waren wirtschaftlich begründet. Der Landesherr zog Neubürger durch die Vergabe von Privilegien in die Stadt. Im Gegenzug musste der Bürger an den Landesherren Steuern entrichten. Neubrandenburg und weitere neue Siedlungen wurden so zu einer wichtigen Einnahmequelle für den Landesherrn. Der Grundriss Neubrandenburgs legt nahe, dass es sich um eine Planstadt handelt. Die räumliche Lage der Straßen, Stadtmauern, Stadttoren, Türme und Brunnen sind geometrisch bestimmt worden. Vermutlich wurde der Stadtgrundriss exakt ausgemessen, bevor mit der Bebauung des Areals begonnen wurde.

Stadtbefestigung und Wiekhäuser
Eine Stadtbefestigung wird nicht erwähnt. Ein palisadenähnlicher Zaun, umgeben von Erdwällen und Wallgräben, bildete ab den 1260er-Jahren den ersten Schutzgürtel. Diese hölzerne Wehranlage bot bald nicht mehr genügend Schutz. Wohl um 1300 wurde eine steinerne Stadtmauer mit drei Stadttoren aus Backstein errichtet. Die Wehranlagen bestehen aus einem fast kreisrunden, doppelten System aus Erdwällen, Gräben und der Mauer. Wichtig bei der Anlage der Bauten war der natürliche Schutz für die Stadt, die Sicherung der Wasserversorgung und die Möglichkeit, Mühlen vor den Toren der Stadt anlegen zu können.
Die Stadtmauer war mit über 50 Wiekhäusern besetzt. Wiekhäuser sind eine Sonderform von Verteidigungsbauten, die vor allem im Nordosten Deutschlands vorkommen. Es sind kleine Mauerhäuser oder -türme. Sie sind in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen in die Stadtmauer eingebaut. Wiekhäuser wurden zu Verteidigungszwecken errichtet und stabilisierten die Stadtmauer. In Neubrandenburg wurden die Wiekhäuser seit dem 17. Jahrhundert zu kleinen Wohnhäusern für untere soziale Schichten der Bevölkerung umgebaut. Einige der heutigen Wiekhäuser sind Neubauten der 1970er-Jahre.

Mittelalterliche Bedeutung Neubrandenburgs
Die Stadt gelangte im Jahr 1298 zusammen mit der Herrschaft Stargard in die Hand der Mecklenburger. Neubrandenburg entwickelte sich seit dem Spätmittelalter zum wichtigsten Verwaltungszentrum neben Güstrow und Parchim. Im 14. und 15. Jahrhundert lag die Blütezeit Neubrandenburgs als Hauptresidenz der Herzöge von Mecklenburg-Stargard. Die Neubrandenburger Bürgermeister zählten zu den wichtigsten Politikern in Mecklenburg. Wirtschaftliche Grundlagen Neubrandenburgs waren Landwirtschaft, Handel und Handwerk.
J. Potschka

Landschaften und Siedlungen verändern sich im Laufe der Zeit. Der Vergleich von Karten desselben Gebietes zeigt, was sich wann, wo und wie stark verändert hat. Eine aktuelle Karte kann dadurch besser verstanden werden: Es zeigt sich, wie die Entwicklung einer Siedlung oder Landschaft vor sich ging und wie es zur heutigen Form gekommen ist.

Beispiel Gewässer: Der Oberbach
Am Beispiel der Gewässer lassen sich die Entwicklungen aufzeigen. Um Neubrandenburg gab und gibt es viele Flüsse, Bäche und Seen. Die Bäche (Oberbach, Lindebach, Gätenbach) waren schon im 16. Jahrhundert keine wilden Fließgewässer mehr. Um Hochwasser vorzubeugen und die Vierrademühle am Treptower Tor betreiben zu können, wurde der Oberbach als künstlicher Kanal mit einem gleichmäßigen Wasserstand angelegt. Vorher hatte man die natürlichen Ausflüsse des Tollensesees verschlossen. Am Oberbach wurde vor 1910 ein Gehweg angelegt; am Ostufer entstand ein kleiner Bootshafen. Ab der Höhe dieses Bootshafens wurde der Bach also als Wasserstraße zum Tollensesee ausgebaut, damit die Schiffe einen bequemen Zugang hatten. Der Bootshafen vergrößerte sich im 20. Jahrhundert immens, was auf die erhöhten Freizeitaktivitäten in der heutigen Zeit hinweist. Der Mühlenteich und auch der kleine Teich am Treptower Tor, die es im 16. Jahrhundert noch gab, sind 1910 verschwunden. Zum sicheren Betrieb der Mühle war aus technischen Gründen der Mühlenteich nicht mehr notwendig. 2010 wird die Vierrademühle nicht mehr betrieben.

Der Gätenbach und der Lindebach
Der Fluss Linde teilt sich östlich von Neubrandenburg in den Gätenbach und den Lindebach. Der Gätenbach entwässert in den Tollensesee, während der Lindebach im Süden an der Stadt vorbeiführt und in den Oberbach mündet. Der Flusslauf ist bereits vor dem 16. Jahrhundert durch Menschenhand korrigiert worden. Die Wasserversorgung der Mühlen musste geregelt werden. Der Bach hat bereits im Mittelalter die Heidemühle, die Kupfermühle und die Walkmühle sowie den Stadtgraben gewässert, der damals noch die ganze Stadt umschloss. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte der Stadtgraben keine Verteidigungsfunktion mehr. Nur an der Ostseite Neubrandenburgs führte er noch Wasser. Die Heidemühle und die Lohmühle waren allerdings noch in Betrieb. Im Jahr 2010 sind Lindenbach und Gätenbach vollständig in die Stadtlandschaft eingepasst und dienen der Naherholung.
J. Potschka



Stichworte: Befestigung Entwicklung Geschichte Gewässer Mecklenburg-Vorpommern Mittelalter Neubrandenburg Residenz Stadtgeographie Stadtgeschichte Stadtgründung


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