Die Welt online entdecken
 
 

Rheinisches Braunkohlenrevier heute - Landschaftswandel

aus 978-3-14-100267-6 auf Seite 29 Abb. 2
Diercke Karte Rheinisches Braunkohlenrevier heute - Landschaftswandel

 
Rheinisches Braunkohlenrevier heute - Landschaftswandel

Der Landschaftswandel im Rheinischen Braunkohlenrevier lässt sich regional gliedern und hängt in erster Linie mit dem noch aktiven Braunkohletagebau (Garzweiler I, Hambach I, Inden I) und der Rekultivierung ehemaliger Tagebaureviere (u. a. Fortuna-Garsdorf, Teile von Garzweiler I, Sophienhöhe) zusammen.

Rekultivierung und Folgenutzung der Landschaft
Nach der Stilllegung von Tagebauflächen spielt die Rekultivierung der meist tiefgreifend veränderten bzw. zerstörten Landschaften eine wichtige Rolle. Bei der Rekultivierung (Wiedernutzbarmachung) werden die ehemaligen Tagebaugebiete einer neuen Flächennutzung zugeführt. Im Fall des Rheinischen Braunkohlenreviers bezieht sich dies vor allem auf land- und forstwirtschaftliche Maßnahmen. Im Bereich der forstwirtschaftlichen Nutzung geht es etwa um das Anpflanzen von heimischen Baumarten wie Buche, Eiche und verschiedenen Nadelhölzern. Landwirtschaftliche Maßnahmen sind u. a. das Auftragen von fruchtbarem Lössboden, um dort insbesondere Weizen und Zuckerrüben anzubauen.
Ein Beispiel erfolgreicher Rekultivierung ist das Gebiet des ehemaligen Tagebaus Ville südlich von Hürth. Auf dieser Fläche wird seit 1988 keine Kohle mehr abgebaut. Ein Teil des Tagebaurestlochs wird seit 1970 als Mülldeponie genutzt; die übrigen Flächen des ehemaligen Tagebaus wurden größtenteils forstwirtschaftlich rekultiviert und dienen heute der Naherholung. Etliche der dort verbliebenen Tagebaulöcher sind in Wasserflächen bzw. Seen umgewandelt worden.

Folgeindustrien
Auf den Flächen der ehemaligen Tagebaugebiete gibt es noch vereinzelte Industrieanlagen. Dazu zählen die fünf in der Region ansässigen Kraftwerke. Die Kraftwerke, insbesondere Heizkraftwerke und Fernheizwerke zur Erzeugung von Strom und Wärme, verbrauchen mit über 90 Prozent den mit Abstand größten Teil der geförderten deutschen Braunkohle. Der Rest gelangt in Veredelungsanlagen, wo die Braunkohle u. a. zu Koks und Brikett sowie zu Braunkohlenstaub für Großfeuerungsanlagen verarbeitet wird.
Des Weiteren haben sich energieintensive Industrien wie die Aluminiumverhüttung und die Chemieindustrie im Braunkohlenrevier oder in der unmittelbaren Umgebung angesiedelt.

Beispiel Tagebau Hambach
Der Tagebau Hambach I ist mit einer genehmigten Abbaufläche von insgesamt 85 km² der größte Tagebau in Deutschland. Mit einer Tiefe von etwa 350 Metern ist er gleichzeitig der tiefste Tagebau. Pro Jahr werden dort rund 40 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert. Deutlich sichtbar ragt die Sophienhöhe westlich von Jülich in der Landschaft heraus. Auf einer Fläche von rund 13 km² erhebt sich die Sophienhöhe um durchschnittlich 200 Meter über der umliegenden Bördelandschaft. Die Sophienhöhe ist eine ehemalige Abraumhalde, die durch den Tagebau Hambach entstanden ist und zwischenzeitlich forstwirtschaftlich rekultiviert wurde. Heute ist die Sophienhöhe ein beliebtes Naherholungsgebiet.
Ab 2013 ist die Erweiterung der Tagebaufläche Hambach nach Südosten geplant. Um die Fläche für den Tagebau zu erschließen sind Umsiedlungen sowie Eingriffe in die Infrastruktur erforderlich. Von der Umsiedlung sind die Orte Merzenich-Morschenich und Kerpen-Manheim betroffen; die geplanten Neusiedlungen sind bereits im Bau (vgl. Karte). Infrastrukturelle Eingriffe betreffen die Autobahn A 4, die Bundesstraße B 477 sowie die Hambachbahn, über die die abgebaute Braunkohle zu den Kraftwerken transportiert wird. Die Streckenverläufe der A 4 und der Hambachbahn werden etwa 3 Kilometer südlich entlang der Eisenbahnstrecke Köln–Aachen verlagert. Ein Teilstück der B 477 „wandert“ Richtung Osten.
H.-J. Kolb, J. Seibel, S. Lemke



Stichworte: Bergbau Braunkohle Braunkohlekraftwerk Folgeindustrie Folgenutzung Kohleförderung Kraftwerk Nordrhein-Westfalen Rekultivierung Revier Rheinisches Braunkohlenrevier Tagebau Umsiedlung Wiedernutzbarmachung


Kontakt / Impressum | Datenschutzhinweis