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Bitterfeld und Wolfen um 1935

aus 978-3-14-100270-6 auf Seite 28 Abb. 1
Diercke Karte Bitterfeld und Wolfen um 1935

 
Bitterfeld und Wolfen um 1935

Braunkohletagebau und Chlorchemie vor dem Ersten Weltkrieg
Die Industriegeschichte von Bitterfeld und Wolfen reicht bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurück. Die Wirtschaft der Region war bis dahin durch Bauern, Tuchmacher und Töpfer geprägt. Im Jahr 1839 begann südlich von Bitterfeld der Braunkohletagebau, der die Wirtschaftsstruktur drastisch veränderte. Die über den Kohlefeldern lagernden Tonschichten begünstigten auch ein schnelles Wachstum der Steinzeugindustrie. In den 1850er-Jahren erhielt Bitterfeld Anschluss an die Eisenbahn. Dies begünstigte die Industrialisierung. Ende des 19. Jahrhunderts wurden große Firmen auf Bitterfeld aufmerksam. Die AEG Berlin gründete 1893 die Elektrochemischen Werke GmbH Bitterfeld, denen noch im gleichen Jahr die Chemische Fabrik Griesheim (ebenfalls Elektrochemie) folgte. Hiermit war der Grundstein für Bitterfeld als bedeutendster Ort der europäischen Chlorchemie gelegt. Hauptgrund für die Ansiedlung waren die Kohlevorkommen der Gegend, die zur Herstellung von elektrischer Energie genutzt wurden.
Die AGFA Berlin gründete im Jahr 1895 eine Farbenfabrik und errichtete die Filmfabrik Wolfen im Jahr 1909. Auf der Basis der Grundchemikalien Chlor, Natronlauge und Wasserstoff entwickelten sich weitere neue Produktionslinien. Es kam zur Herstellung von Phosphor sowie Phosphorverbindungen, diverser Farbstoffe, Pflanzenschutzmittel und Kunststoffe. Bitterfeld wurde ein Standort mit innovativen Leistungen. Bereits 1913 wurde hier der Kunststoff PVC erfunden.

Kriegswirtschaft und I.G. Farben
Die chemische Industrie expandierte enorm und gewann während des Ersten Weltkriegs zusätzlich an Bedeutung. Deutschlands Kriegswirtschaft war gezwungen, sich über die chemische Industrie Ersatzprodukte für Rohstoffe zu beschaffen. So wurde in Bitterfeld 1915 eine der größten Aluminiumhütten errichtet. Auch der Braunkohletagebau erweiterte sich zusehends, was die Umwelt sehr in Mitleidenschaft zog. Im Jahr 1925 bildete sich die I.G. Farbenindustrie AG. Dadurch wurde Bitterfeld Sitz der I.G. Farben Betriebsgemeinschaft Mitteldeutschland. In den Folgejahren kamen die Braunkohlengruben in den Besitz der I.G. Farben. Durch Nachchlorierung gelang es 1934, die weltweit erste synthetische Faser (PC-Faser) herzustellen. Bitterfeld war ein modernes Industriezentrum.
J. Potschka



Stichworte: Bitterfeld Braunkohle Chemie Industrie Nationalsozialismus Sachsen-Anhalt Tagebau Wolfen


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