Die Welt online entdecken
 
 

Bitterfeld-Wolfen 2010

aus 978-3-14-100270-6 auf Seite 29 Abb. 3
Diercke Karte Bitterfeld-Wolfen 2010

 
Bitterfeld-Wolfen 2010

Nach der Wende
Ab 1990 zeigte sich, dass die Industriestruktur in den beiden eigenständigen Städten Bitterfeld und Wolfen hoffnungslos überaltert war und einer kompletten Modernisierung bedurfte. Die Betriebe wurden geschlossen und der Abbau von Braunkohle beendet. Man entschloss sich zu einem aufwändigen Strukturwandel. Die Altlasten mussten saniert werden.

Altlastensanierung und Neue Industrien
Bereits 1992 erfolgten die ersten Neuansiedlungen von Unternehmen und die Privatisierungen einzelner Produktionsbetriebe. Das war die Geburtsstunde des ChemieParks Bitterfeld Wolfen, der 1997 entstand. Auf seiner über 1000 ha großen Flächen haben sowohl große Konzerne als auch mittelständische Firmen ihren Sitz. 2001 kam für die Hightech-Branche der „Technologiepark Mitteldeutschland“ hinzu. Im gleichen Jahr erhielt die Preiss-Daimler Firmengruppe den Zuschlag für die Entwicklung und Vermarktung. Das Investitionsprogramm umfasst den Abriss von nicht mehr nutzbaren Gebäuden, den Neubau des Straßen- und unterirdischen Rohrleitungsnetzes und die Sanierung von Altlastflächen oder denkmalgeschützten Häusern. Zentral ist auch die Gestaltung von Parklandschaften mit vielen Grünzonen. Mit umfangreichen und teuren Rekultivierungsmaßnahmen wurde die Bitterfelder Bergbaulandschaft in eine Seenlandschaft umwandelt. So entstand der Goitzschesee durch die Flutung der alten Tagebaugrube.
2007 fusionierte Bitterfeld mit der Nachbarstadt Wolfen und den Gemeinden Greppin, Holzweißig und Thalheim zur Stadt Bitterfeld-Wolfen. 2009 standen in allen Industrie- und Gewerbegebieten von Bitterfeld-Wolfen mehr als 16 Millionen Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung, was der Stadt eine herausragende Position als Industriestandort in den neuen Bundesländern sicherte. Zahlreiche renommierte Konzerne haben hier ihren Standort, darunter Akzo Nobel Base Chemicals, Bayer und Evonik. Mit Q-Cells hat sich 2001 der weltgrößte Produzent von Solarzellen angesiedelt. Dank weiterer Betriebe der Branche sieht man sich in Bitterfeld-Wolfen als „Solar Valley“ (angelehnt an Silicon Valley in Kalifornien).

Arbeitslosigkeit und Abwanderung
Trotz der Ansiedlung neuer Firmen hat die Region zahlreiche Probleme. Wolfen-Nord ist beispielsweise eine typische so genannte „Trabantenstadt“ im Osten Deutschlands. Sie ist geprägt von Plattenbauten und seit 1990 von Arbeitslosigkeit, Abwanderung und daraus folgendem Wohnungsleerstand betroffen. Von circa 33 000 Einwohnern (1993) in Wolfen-Nord lebten Ende 2008 nur noch etwas mehr als 11 000 Menschen dort. Dem Wohnungsleerstand wird seit 2000 vor allem durch umfangreiche Abrissarbeiten begegnet.
D. Falk, J. Potschka

M7: Den Wandel von Räumen beschreiben (Karten vergleichen)

Landschaften und Siedlungen verändern sich im Laufe der Zeit. Der Vergleich von Karten desselben Gebietes zeigt, was sich wann, wo und wie stark verändert hat. Eine aktuelle Karte kann dadurch besser verstanden werden: Es zeigt sich, wie die Entwicklung einer Siedlung oder Landschaft vor sich ging und wie es zur heutigen Form gekommen ist.

Beispiel Tagebau
Für die Region Bitterfeld-Wolfen sind der Tagebau und der Umgang mit dem Tagebau über 150 Jahre prägend gewesen. Dies zeigt sich auch auf den drei Karten. 1935 gab es besonders im Westen und Südwesten von Bitterfeld sehr viele Gruben, in denen Braunkohle abgebaut wurde. Es handelte sich hier um ein größeres Gebiet, in dem die Gruben dicht an dicht lagen. Über 40 Prozent der Fläche der Region wurde für den Tagebau genutzt. Bis 1990 ist diese Flächennutzung auf über 57 Prozent angestiegen. Allerdings gab es im Westen von Bitterfeld nur noch die Grube Köckern. Sämtliche Gruben von 1935 waren ausgebeutet und wurden von der DDR entweder geflutet, bebaut oder bewaldet. Stattdessen hat sich der Tagebau in den Osten und Südosten von Bitterfeld verlagert. Hier wurde nicht mehr in einzelnen Gruben, sondern großflächig Braunkohle gefördert, vor allem im Tagebau Goitzsche. Nach der Wende kam der große Umbruch in der Flächennutzung. Der Braunkohleabbau wurde beendet und Industrieunternehmen siedelten sich an. Mit umfangreichen und teuren Rekultivierungsmaßnahmen wurde die Bitterfelder Bergbaulandschaft in eine Seenlandschaft umwandelt. Die restlichen Tagebauflächen wurden umgestaltet in Parklandschaften mit vielen Grünzonen. Der Goitzschesee entstand ab 1998, als mit der Flutung durch die Einleitung von Muldewasser begonnen wurde. Im Jahr 2002 kam es zu einem Muldehochwasser mit folgendem Dammbruch. Dadurch stieg der Wasserstand der Goitzsche innerhalb von zwei Tagen um sieben Meter bis weit über den Sollpegelstand. Seitdem wurde der Goitzschesee saniert und teilweise als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Der nordöstlich benachbarte Muldestausee ist ein schon länger bestehender großer Stausee, der die Mulde aufstaut.
J. Potschka



Stichworte: Abwanderung Arbeitslosigkeit Bergbau Bitterfeld Braunkohle Chemie Industrie Naturschutzgebiet Rekultivierung Sachsen-Anhalt Sanierung Tagebau Umweltverschmutzung Wolfen


Kontakt / Impressum | Datenschutzhinweis